Wie hängen die Sitzposition und Leistungsoptimierung eigentlich zusammen? Diese und ähnliche Fragen haben wir Sebastian Klaus, dem Gründer des Kompetenzzentrum Sport in Köln „KOMSPORT“, während seines Besuchs beim power2max Servicepartner Bikeline in Berlin gestellt. Sebastian ist diplomierter Sportwissenschaftler und bei KOMSPORT der Experte in Sachen Bewegungsanalyse und Sitzpositionsoptimierung auf dem Rad. Namhafte Radsport- und Triathlonprofis vertrauen auf seine Expertise und wissen, dass der Kölner kein abstrakter Theoretiker ist, sondern als passionierter Radfahrer selber viele Stunden auf dem Rad verbringt.
p2m: Für wen ist ein Bikefitting sinnvoll?
Sebastian: Sinn oder Unsinn lässt sich nicht pauschal beantworten. Mit einem Bikefitting werden unterschiedliche Ziele verfolgt. Einerseits geht es darum schmerzfrei und bequem auf dem Rad zu sitzen und im sportlichen Bereich geht es meist darum, die Leistung zu optimieren.
Allgemeiner formuliert ist ein Bikefitting für diejenigen besonders sinnvoll, die viel Zeit auf dem Rad verbringen.
Das kann sportlich auf dem Rennrad, MTB oder Zeitfahrrad sein, als Commuter auf dem täglichen Arbeitsweg oder auch als Radwanderer.
Wichtig ist, dass die Ziele und Erwartungen vor dem Fitting besprochen werden.
p2m: Erstaunlich! Wir haben erwartet, dass Bikefittings und Positionsanalysen eigentlich etwas für sehr ambitionierte Radfahrer sind. Mit welchen Symptomen kommen Radfahrer zu euch, wenn sie Schmerzen beim Radfahren haben?
Sebastian: Meistens mit Nacken- oder Schulterschmerzen, mit Sitzproblemen oder auch mit Knieschmerzen. Viele Menschen glauben gar nicht, dass schmerzfreies Radfahren möglich ist. Wir freuen uns daher immer wieder aufs Neue, wenn wir Radfahrer erst überraschen und dann auch glücklich machen können.
p2m: Und beim sportlichen Radfahren liegt der Fokus dann primär auf der Leistungsoptimierung, also schneller Radfahren?
Sebastian: Sprechen wir über Profisportler, dann ja. Ambitionierte Freizeit-Radsportler und Triathleten kommen in den meisten Fällen mit zwei Anliegen: Einen pathologischen Befund, wie zum Beispiel Nackenschmerzen oder Sitzprobleme zu beseitigen und außerdem ihre Leistung zu optimieren. Wer denkt, dass nur das Eine, ohne Schmerzen auf dem Rad sitzen oder das Andere, die Leistung zu optimieren, möglich ist, liegt definitiv falsch.
p2m: Welche Faktoren spielen bei der Sitzposition und Leistungsoptimierung die größte Rolle?
Sebastian: Durch die Veränderung der Sitzposition wollen wir zunächst die Kraftübertragung auf das Pedal und den Einsatz der Hebelkräfte optimieren. Ziel ist es, einen effizienteren Tritt zu realisieren. Außerdem geht es um die aerodynamische Optimierung. Hier soll mit gleichem oder sogar weniger Krafteinsatz, eine höhere Geschwindigkeit erreicht werden. Letzteres ist besonders für Zeitfahrer und Triathleten wichtig.
p2m: Vor einigen Jahren hat man bei Zeitfahrern und Triathleten gesehen, dass sie fast mit der Nase auf dem Vorderrad lagen. Heute haben sich die Positionen verändert und man sieht oft große Spacer-Türme am Zeitfahrlenker. Gilt demnach beim Zeitfahren nicht mehr, dass man so aerodynamisch wie möglich auf dem Rad sitzen sollte?
Sebastian: Es gibt nach wie vor, nachweislich eine Korrelation zwischen Aerodynamik und Geschwindigkeit. Das ist aber nicht alles. Die Praxis zeigt, dass der Faktor Aerodynamik niemals alleine betrachtet werden sollte.
Zur Leistungssteigerung durch eine Sitzpositionsoptimierung gehört auch, auf Anatomie, Ergonomie und Biomechanik zu schauen.
Beschäftigt man sich nur mit der Aerodynamik und verändert die Sitzposition mit dem Ziel „so aerodynamisch wie möglich“ zu sein, führt dies oft dazu, dass der Athlet diese Position nicht schmerzfrei über einen längeren Zeitraum auf dem Rad halten kann.
Aerotest auf der Bahn oder auch im Windkanal bringen genau dieses Risiko mit sich. Hier wird unter Laborbedingungen auf sehr kurzen Strecken getestet, wie die Sitzposition zur „Wattersparnis“ verändert werden sollte. Dass die neue Position aber beispielsweise im Triathlon über 90 oder sogar 180 km schmerzfrei gehalten werden muss, wird dabei oft vergessen.
Heute weiß man, dass eine aerodynamische Position nicht zu Lasten der Hebelkräfte und der Tritteffizienz gehen darf.
p2m: Stichwort effizienter Tritt. Wie beeinflusse ich diesen mit der Sitzposition?
Sebastian: Bei der Effizienz des Tritts geht es vor allem darum, während einer Kurbelumdrehung möglichst gleichmäßig Kraft auf das Pedal zu bringen. Der runde Tritt wird durch die Fußstellung, die Position der Schuhplatten und die Position auf dem Sattel (des Sattels) beeinflusst. Hier kann bei den meisten Fahrern schon im Bereich der Schuhplatten enorm viel verbessert werden.
Man erhöht die Effizienz des Tritts unter anderem durch die eine Optimierung der Hebelkräfte, die vom Bein auf Pedal und Kurbel einwirken. Daraus resultiert wiederum eine erhöhte Trittfrequenz und letztlich kann so das Leistungspotential voll ausgeschöpft werden.
p2m: Wenn du dich bei Jedermann-Rennen und Granfondos umschaust, sitzt die Mehrheit der Teilnehmer perfekt auf dem Rad oder gibt es Optimierungspotential?
Sebastian: Ich sehe wenige Menschen, die perfekt auf dem Rad sitzen und „leider“ viel zu viele Radfahrer mit nicht passenden Fahrrädern.
p2m: Das hört sich so an, als ob es kaum passende Fahrräder gibt oder kaufen wir einfach die falschen Größen?
Sebastian: Beides. Vor 30 Jahren gab es Rennräder in unzähligen Größen. Heute verkaufen die meisten Hersteller aber Rennräder in den Größen XS, S, M, L, XL, XXL. Das ist etwa so, als ob es bei Schuhen auch nur noch 5 Größen, z.B. 38, 40, 42, 44, 46, gäbe, weil diese Größen den meisten Menschen passen. Wenn du also ein 39er-Typ bist, könntest du entweder zu große oder zu kleine Schuhe tragen.
Fahrräder und ihre Größe werden heute von Rahmengrößen bestimmt und vor allem über das Maß „Schrittlänge“ verkauft.
Den Test kann man leicht in Online-Konfiguratoren machen. Der Kunde gibt zwar eine Reihe von Körpermaßen ein, aber einzig die Schrittlänge zählt. Verändere ich diese, verändert sich auch die Rahmengröße, verändere ich die Oberkörperlänge und lasse die Schrittlänge gleich, verändert sich in den meisten Konfiguratoren nichts.
Um ein passendes Fahrrad zu finden, ist allerdings die Körpergröße und die Oberkörperlänge des Radfahrers sind viel entscheidender.
p2m: Was erwartet den Radfahrer, der sich auf ein Bikefitting bei KOMSPORT einlässt?
Sebastian: Wir verfolgen bei KOMSPORT einen ganzheitlichen Ansatz. Das heißt, wir fangen bei jedem Radfahrer mit einer Analyse der Körperstatik an. Danach geht es auf das Rad und an die dynamische Bewegungsanalyse. Wir bauen schon während des Fittings das Rad um, tauschen teilweise Komponenten aus und justieren so lange, bis Ergonomie, Biomechanik und Aerodynamik in Balance sind.
Zusätzlich ist es in einigen Fällen sinnvoll, eine gesonderte Analyse der Füße vorzunehmen und die Fußstellung mit Einlagen zu unterstützen. Dies ist aber wieder ein Kapitel für sich.
p2m: Wie erreicht man euch am besten?
Sebastian: Wer Interesse an Sitzposition und Leistungsoptimierung hat, kann sich telefonisch unter: +49 221 46753531 oder unter mail@komsport.de. Oder auch in den KOMSPORT Popup-Stores, die wir in regelmäßigen Abständen bei unseren Partnern Bikedress in München, Actionsport im Sauerland, Bikeline in Berlin und in 2019 auch neu in Hamburg stattfinden lassen. Die Termine werden auf unserer Website, www.komsport.de, veröffentlicht.